Deutsches Zentrum für
Infektionsforschung
DZIF
Im Jahr 2012 hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Gründung des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) initiiert. Das DZIF ist als multizentrische, integrative Struktur konzipiert und vereint ausgewählte Universitäten, Universitätsklinken und nicht-universitäre Forschungseinrichtungen mit dem Ziel, hervorragende Forschungsansätze und klinische Infrastrukturen zusammenzubringen.
Die großen Herausforderungen, die Infektionserkrankungen generell und HIV-Infektionen im speziellen darstellen, beruhen sowohl auf weltweit präsenten als auch neu auftretenden Erregern und Erregertypen und oft schnellen Resistenzentwicklungen. Zudem ist die arme Bevölkerung in Entwicklungsländern oft überproportional stark betroffen.
Diesen Herausforderungen kann nur effizient begegnet werden, wenn die wissenschaftlichen Expertisen in Grundlagenforschung, Epidemiologie, translationaler Forschung und klinischen Studien gebündelt werden. Bisher waren diese in Deutschland durchaus vorhandenen Expertisen wenig verknüpft, Ansätze zu translationaler Forschung waren selten und bisherige Anstrengungen den großen Herausforderungen zu begegnen waren wenig erfolgreich.
Das neue DZIF wird neue, gemeinsame Ansätze zur translationalen Forschung koordinieren mit dem Ziel neue diagnostische, präventive und therapeutische Maßnahmen gegen die bedeutendsten Infektionskrankheiten zu entwickeln. Eine spezielle Einheit ist dabei der HIV/AIDS-Forschung gewidmet.
Im nationalen Rahmen kooperiert das DZIF mit Instituten und Organisationen der Krankheitsprävention (Robert-Koch-Institut), der Tiergesundheit (Friedrich-Löffler-Institut), Lizenzierungs- und Regulierungsbehörden für Biologicals (Paul-Ehrlich-Institut) und für Medikamente (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, BfArM). International wird das DZIF ein starker Partner für Forschungskonsortien und die Industrie sein und auf diese Weise nachhaltig die translationale Infektionsforschung in Deutschland stärken.
HIV-Forschung im DZIF
Zur translationen Forschung im Bereich HIV/AIDS hat das DZIF die translationale thematische Unit (TTU) „HIV/AIDS“ eingerichtet. Die TTU-HIV/AIDS umfasst Partnerstandorte in Bonn, Köln, Heidelberg, Hamburg, Hannover, Langen und München und wird drei Hauptforschungsgebiete bearbeiten.
1. Prävention der HIV-Erkrankung
Die TTU HIV/AIDS wird ihr exzellentes Forschungsprofil in der Grundlagenforschung zu angeborener Immunität und zu Restriktionsfaktoren gegen HIV nutzen, um in Patientenkohorten mögliche Zielstrukturen für zukünftige präventive Maßnahmen zu identifizieren. Dazu werden folgende Maßnahmen und Projekte angegangen.
a. Angeborene und erworbene Immunantwort in „elite controllers“ und akuter HIV-Infektion
Das Projekt legt seinen Fokus auf das angeborene Immunsystem, zu dem in Deutschland sowohl in Grundlagen- wie klinischer Forschung hohe Expertise vorliegt. Klinische Forschungsansätze benötigen gut definierte Patientenkohorten (z.B. Elite Controller, Akutphasenpatienten). Die Kohorten werden durch geeignete strukturelle Maßnahmen entwickelt.
b. Verstärkung und Integration internationaler HIV-Forschung
Die Ludwig-Maximilians Universität München hat erheblich dazu beigetragen, HIV-Patientenkohorten in Afrika aufzubauen, und sie ist an großen internationalen Präventions- und Interventionsstudien beteiligt. Darauf aufbauend wird im DZIF eine internationale klinische Studieneinheit aufgebaut, um deutschen Forschern die Beteiligung an internationalen Konsortien und Netzwerken zu erleichtern.
2. Langes Leben mit HIV
Aufbauend auf der großen Expertise der DZIF-Partnerstandorte in den Themenfeldern Leberschädigung und Papillomavirusinfektionen werden translationale Forschungsprojekte durchgeführt, um neue Behandlungsstrategien für besondere Langzeitfolgen der HIV-Infektion durchzuführen.
Die TTU / HIV/AIDS wird sich dabei auf folgende Punkte konzentrieren:
a. Leberschädigungen während Langzeitbehandlungen der HIV-Infektion
Leberschädigungen sind eine weit verbreitete Folge lang andauernder HIV-Infektion und ihrer Behandlung. Verstärkend kommen Koinfektionen mit Hepatitisviren hinzu. Das Projekt wird in enger Kollaboration mit der TTU zu Hepatitis im DZIF durchgeführt.
b. Therapeutische Impfung HIV-infizierter Patienten gegen humanes Papillomavirus (HPV)
Zentraler Bestandteil des Projektes ist eine klinische Studie zur Impfung mit einem therapeutischen Peptid gegen Papillomavirusinfektionen in HIV-infizierten Männern mit intraepithelialen Neoplasien (AIN).
3. HIV-Heilung
Erste präklinische Strategieansätze zur Eradikation einer HIV-Infektion durch Exzision proviralen Genoms in latent infizierten Zellen mittels modifizierter Tre-recombinase sollen auf Tiermodelle (kleine Wirbeltiere und Primaten) übertragen werden, um so den Weg für eine spätere klinische Anwendung vorzubereiten. Damit einhergehend sind Analysen zur Dynamik der proviralen Integrationsstellen in verschiedenen Patientengruppen und in Abhängigkeit von der Therapie.
Zur Erreichung der gesetzten Ziele bezüglich einer möglichen HIV-Heilung wird die TTU HIV/AIDS sich auf folgende Ansätze konzentrieren:
a. Charakterisierung und Exzision von HIV-Integraten
Dieses Projekt baut auf der hohen Expertise des Heidelberger Partnerstandortes hinsichtlich der Analyse lentiviraler Vektor-Integration bei der Gen-Therapie auf. Die Anzahl der HIV-Integrationsstellen, ihre Klonalität und der Umsatz werden in definierten Patientenpopulationen verfolgt. Daraus werden essentielle Informationen für zukünftige Eradikationsansätze gewonnen. Dieser Forschungsansatz ist direkt verknüpft mit dem Versuch integrierte HIV-Genome in still infizierten Zellen mittels Tre-recombinase auszuschneiden. Dieser Ansatz ist eine Pionierleistung des Hamburger Partnerstandortes.
b. Stärkung präklinischer HIV-Forschung
Ein Projekt zur Eliminierung von viralen Reservoirs wird durch Kapazitätsbildungsmaßnahmen im Heidelberger Partnerstandort intensiviert. Hierzu gehören organotypische und Kleintiermodelle sowie bildgebende Verfahren unter Hochsicherheitslaborbedingungen (BSL3). Der Gentherapieansatz wird ebenfalls weiter ausgebaut durch die Einrichtung einer Professur für Gentherpaie in Köln und durch Forschung im Primatenmodell in Langen und Göttingen.
4. HIV-Forschungskooperation mit Entwicklungsländern
Während das medizinische Personal in der entwickelten Welt mehr und mehr mit den klinischen Folgen von lang andauernden Infektionen und Therapien konfrontiert ist, liegt der Fokus in Entwicklungsländern vor allem in Afrika auf nachhaltigem und verbessertem Therapiemanagment unter eingeschränkten Bedingungen. Wichtig sind auch die schnellere Entwicklung von Impfstoffen gegen HIV und die Verbesserung unseres Verständnisses von schützenden Faktoren.
Die Ludwig-Maximilians Universität München hat 1995 das Mbeya Medical Research Programm (MMRP) aufgelegt. Das MMRP ist eines der dynamischsten Forschungszentren im ländlichen Afrika, an dem zurzeit über 20 klinische Studien durchgeführt werden. Die Aktivitäten des Programms decken das gesamte Spektrum von HIV-Forschung ab, angefangen von Grundlagenforschung, über klinische Forschung, Epidemiologie und operationaler Forschung bis hin zur Gesundheitsversorgung selbst.
Seit 2008 läuft das MMRP nun unter Verantwortung des tansanischen National Institute of Medical Research und wird inzwischen erfolgreich von tansanischen Wissenschaftlern geleitet. Dies ist auch das Resultat von intensiven und erfolgreichen Kapazitätsbildungsmaßnahmen.
Mbeya Medical Research Programme (MMRP) |
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